Bilder und Reiseberichte von mir rund um die Welt

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Was wir von Grönland lernen können

Eine verrückte arktische Achterbahnfahrt der Gefühle

Inhaltsverzeichnis:

Wachstum: Auf Achse in der Hauptstadt Nuuk

Die Fahne von Grönland
Grönlands Nationalflagge


Wachstum: Auf Achse in der Hauptstadt Nuuk


Ich habe einen Bekannten in Nuuk, die weltweit nördlichste Hauptstadt, der mich freundlich nach der Ankunft empfangen hatte. Unser erster Weg führte zum Somandshjemmene (auf Deutsch Seemann-Heim), ein christlich geführtes Hotel, das meine Unterkunft für eine Nacht war. Der Mitarbeiter begrüßte mich freundlich auf Deutsch. Auf meiner Frage, woher er so gut das kann, antwortete er mir, dass er als Kind oft die Sesamstraße auf Deutsch gesehen hatte. Fand ich originell und süß.

Wir hatten Schneeregen, der die Hoffnung auf eine gemeinsame Wanderung oder Bootsfahrt zunichtemachte. Es blieb uns nur, die Stadt zu erkunden. Der erste Halt war am Friedhof. Es war schwer vorzustellen, wie ein Grab im Winter ausgehoben wird:

Der Friedhof von Nuuk
Der Friedhof von Nuuk

Danach fuhren wir in das Zentrum von Nuuk, dem alten Hafen:

Der alte Hafen von Nuuk
Der alte Hafen von Nuuk

Dort hatte der örtliche Kajak-Verein bereits Winterpause:

Kajaks im Tiefschlaf, Nuuk
Kajaks im Tiefschlaf, Nuuk

und natürlich gehört die „Mutter des Meeres“ Granitskulptur direkt ans Meer, damit Mensch und Tiere zueinander finden. Sie ragt bei Ebbe aus dem Wasser, und ist bei Flut völlig bedeckt:

'Mutter des Meeres' Granitskulptur, Nuuk
'Mutter des Meeres' Granitskulptur, Nuuk

Sie vereint ein Mythos mit Vergangenheit und Zukunft. Das letzte passt zu Nuuk. Es hat sich einiges geändert seit meinem letzten Aufenthalt dort. Die größte Steigerung: Die Stadt hat mittlerweile drei Ampeln, eine 300 % Steigerung gegenüber meinem ersten Aufenthalt vor dreizehn Jahren. Zum Vergleich: Das Bruttojahresregister von Deutschland steigerte sich nur um 36 Prozent in dieser Zeit. Aber nicht nur das, immer mehr Menschen ziehen aus den kleinen Ortschaften in die Stadt, die Einwohnerzahl wächst stetig. Man rechnet in naher Zukunft mit 30 000 Einwohner, derzeit sind es 18 000 Einwohner. Die hässlichen Wohnblocks aus den 1960er-Jahren im Plattenbaustil sind bald Geschichte. Sie werden/wurden abgerissen oder renoviert. Damals wollte die Regierung von Dänemark die Inuit zu einem moderneren Lebensstil zwingen, und siedelte Jäger um, die in Fabriken arbeiten mussten. Das führte zu einem großen Alkohol-Problem. Bei meinem ersten Aufenthalt in Nuuk sah ich auf der Straße viele Betrunkene, das ist zum Glück Historie. Heute boomt die Stadt, vielleicht in einem etwas zu schnellem Tempo.

Die Mumien von Qilakitsoq zählen zu den berühmtesten Schätzen des Landes. Sie sind relativ unscheinbar in einem Winkel von Grönlands Nationalmuseum untergebracht. Man fand die Leichen von sechs Frauen und zwei Kindern weiter nördlich auf der Insel, die alle bekleidet waren. Die Mumie eines sechs Monate alten Kindes zieht mich seit meinem ersten Besuch in den Bann. Möglicherweise wurde es lebendig begraben. Wenn damals die Mutter starb, wurde das Baby oft mit der Mutter zusammen begraben. Es gab keine Alternativen.

Die Qilakitsoq-Mumien, Greenland National Museum, Nuuk
Die Qilakitsoq-Mumien, Greenland National Museum, Nuuk

Wer einmal dieses Gesicht gesehen hat, vergisst es nicht:

Die Qilakitsoq-Mumien, Greenland National Museum, Nuuk
Die Qilakitsoq-Mumien, Greenland National Museum, Nuuk

Was die zwei da getrieben hatten, hätte ich eher in einem Beate-Uhse-Laden als in einem Museum erwartet. Ich errötete als ehemaliger Klosterschüler:

Kunst, Greenland National Museum, Nuuk
Kunst, Greenland National Museum, Nuuk

Danach beendeten wir die Visite der Hauptstadt, und mein Bekannter verabschiedete sich von mir. Mein Weg führt anschließend in das „Godthaab Bryghus“, das Brauhaus von Nuuk (auf alt-dänisch Gute Hoffnung). Im TV zu sehen gab es den FC Bayern bei einem Champions-League-Spiel, ich hätte nichts verpasst, dass nicht gesehen zu haben. Zu trinken gab es gute Haus-Biere, wie das „Eric The Red“ mit Chili und Honig. Der deutsche Braumeister Jörg-Erich Sennhenn beendete kurz vor meiner Reise nach acht Jahren seine Tätigkeit in Grönland. Ich hoffe, dass ein fähiger Nachfolger gefunden wird.

Zinni-Tipp:

Dänisches Bier meiden, die lokalen Biere sind weitaus besser. Der Grund für den guten Geschmack des Bieres ist das klare Wasser, das aus Gletschern und dem Inlandeis gewonnen wird, zu verdanken. Hopfen und Malz stammen aber aus Deutschland.

Bier „Made in Greenland“
Bier „Made in Greenland“

Nach einer ruhigen Nacht hatte ich am nächsten Morgen vergessen, dass ich in Grönland im Herbst war. Ich verließ mich darauf, dass mein Flug nach Paamiut pünktlich war. Als ich bei der Fahrt zum Flughafen neuen Schneefall sah, ahnte ich bereits, was kommt: Der Flug war um drei Stunden verspätet. Ich nahm es gelassen hin, bin lernbereit. Der Grund war aber nicht das Wetter (andere Maschinen waren gekommen und gegangen) und auch nicht Özil, sondern die Technik.

Es wurden letztlich fast fünf Stunden, bis wir einsteigen konnten. Als die Propeller angemacht wurden, und minutenlang außer Kreisen nichts passierte, ahnte ich es schon: Kurz danach wurden wir gebeten, das Flugzeug wieder zu verlassen. Die Ansagen waren nicht in Englisch, aber es ging wohl um ein neues Enteisen, und warten auf etwas, mir nicht verstandenes. Dazu hatte ich keine Lust mehr. Am übernächsten Morgen musste ich wieder zurück, so langsam lohnte sich das nicht mehr. Ich wollte nicht zwei Tage später bei drei Flügen am Stück stranden, und den Rückflug nach Dänemark verpassen. Ich ließ mir mein Gepäck geben, und fuhr zurück in die Stadt. Vielleicht hätte ich mehr Geduld haben sollen, der Rest der Passagier hatte sie. Ob die Entscheidung richtig oder falsch war, werde ich nie herausbekommen.

Es passte zu dieser Reise: Zurück im Seemann-Heim wollte ich über booking.com das Zimmer buchen. Das wäre nicht nötig, wurde mir beantwortet, das machen wir direkt. Später war mir der Grund klar: Der Haustarif war 150 Kronen teurer als der booking.com Tarif des Tages. Die Antworten auf meine Frage warum waren bizarr. Danach wollte ich Ausflüge und das Hotel in Kangerlussuaq für den nächsten Tag organisieren. Aber in dem Moment, wo ich angefangen hatte, war das Internet im Hotel ausgefallen. Eine Ewigkeit später lief es, nur Ausflüge gab es keine mehr zu buchen. No country for an old Zinni.

Ich lief paamiutlos durch die Nacht. Wieder wie am Vortag besuchte ich das Brauhaus, und schaute mir dieses Mal die Schalker an. So viel Champions-Liga wie an den zwei Abenden schaue ich zu Hause in drei Jahren zusammen nicht an. Ich war leicht niedergeschlagen, und enttäuscht, dass wieder was nicht geklappt hatte. Unerwartet kippte die Stimmung ins Gute. Im früher berüchtigtsten Pub der Stadt „Takuss“ ist nun das schicke Restaurant „Kalaaliaraq“ (auf Deutsch „kleiner Grönländer“). Es wurde Anfang 2018 als Pop-up-Restaurant eröffnet und sollte ursprünglich nur für zwei Monate geöffnet werden. Die große Popularität führte dazu, dass es inzwischen dauerhaft offen ist. Koch ist der Küchen-Meister Inunnguaq Hegelund, ein Revolutionär mit mehreren Auszeichnungen. Ihn kannte ich nicht, aber den Kellner. Er hatte mich vor Jahren im damals besten Lokal des Landes in Ilulissat bedient. Er konnte sich auch an mich erinnern, die kulinarische Welt des Landes ist klein.

Ich muss zugeben, dass ich nicht alle Gerichte der Speisekarte etwas zuordnen konnte. Sondern nur eines, Mattak ist der Speck vom Wal:

Speisekarte Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk
Speisekarte Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk

dafür hatte ich ja die Bedienung. Die Seespinne und die Forelle waren klasse:

Forelle auf dreierlei Art, Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk
Forelle auf dreierlei Art, Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk

Es soll das Flair der alten Bar erhalten bleiben, die alten Spielautomaten und Barhocker stehen bewusst noch in der Ecke:

Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk
Restaurant „Kalaaliaraq“, Nuuk

Den Abend beendete ich in der schicken Bar des Hotels Hans Egende. Es war nicht viel los, das war mir aber auch recht so. Der Alleinunterhalter aus Rumänien spielte meine musikalischen Wünsche, und der Barkeeper war nett. Mir reichte das.

Als ich den nächsten Morgen aufwachte, rieb ich meine Augen: Ich sah Sonnenschein. Richtiger, live, bunt, in Farbe und nicht im TV. Ich hätte mit allem gerechnet, nur damit nicht. Das nahm ich natürlich zum Grund, etwas durch die Gegend zu laufen. Das hatte aber seine Tücken, die Straßen waren spiegelglatt. Mein Bekannter warnte mich per Mail, er sei dadurch gestürzt. Ich brach den Lauf Richtung Zentrum ab, das wurde mir zu gefährlich. Ich hielt mich nur in der Hafenumgebung auf, was schwierig genug war. Schön war es dort:

Der Hafen von Nuuk
Der Hafen von Nuuk

Der Hafen von Nuuk
Der Hafen von Nuuk

Der Hafen von Nuuk
Der Hafen von Nuuk

Zurück im Hotel wurde es albern. Check-out Zeit war zehn Uhr. Als ich um 10:02 das Zimmer verlassen wollte, ging das Telefon, warum ich nicht auschecken würde. Um 10:04 war mir im Gang der Angestellte entgegengekommen, wo ich denn bleiben würde. Ich denke, er war kein Einheimischer, sondern ein Einwohner von Penetranthausen. Durch das frühe Check-Out hatte ich noch Zeit, in der Umgebung des Flughafens etwas wandern zu können. Ich lief so nahe es ging zum 1 210 m hohen Berg Sermitsiaq (was „mittelgroße Eisbedeckung“ auf Grönländisch bedeutet), und hatte einen majestätischen Ausblick auf das Wahrzeichen der Stadt, was auch im Wappen enthalten ist:

Der Berg Sermitsiaq, nahe Nuuk
Der Berg Sermitsiaq, nahe Nuuk

Ich sah mir die Umgebung an:

In der Nähe vom Flughafen von Nuuk
In der Nähe vom Flughafen von Nuuk

und lief wieder zurück zum Flughafen:

Der Flughafen von Nuuk
Der Flughafen von Nuuk

Dieses Mal pünktlich ging mein Flug nach Kangerlussuaq:

Flughafen Nuuk
Flughafen Nuuk

Weiter mit: Geduld: Kangerlussuaq, die Rückreise und das Fazit


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