Bilder und Reiseberichte von mir rund um die Welt

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Ein Thriller: Mit der MS Swiss Ruby auf leidvoller Fahrt von Berlin nach Düsseldorf

Kein Roman: Ohne Krimi geht der Zinni nie ins Bett


Die Nationalflagge von Deutschland
Die Nationalflagge von Deutschland


Vorwort: Ich habe bei der Entwicklung der Berichte auf diesen Seiten meine technischen Grenzen erreicht, denn die manuelle Erstellung mit HTML Codes ist sehr aufwendig. Dafür benutze ich nun eine Weblog-Software. Dieser Bericht ist Smartphone-optimiert auch hier zu lesen, wie alle anderen auch auf Zinni-Online:

Dieser Bericht auf „Zinni auf Reisen“


Alle Bilder wurden mit meinem Handy Galaxy S21 Ultra 5G aufgenommen

Nach einer wahren Geschichte. Leider.

Prolog: Erste Leiden

Hochheim, im Februar 2022. Ich verließ meine Wohnung, um den täglichen Routinegang zur Innenstadt meiner Heimatstadt anzutreten, zur Erledigung üblicher Besorgungen. Dabei bemerke ich erstmals ein leichtes Kribbeln in den Füßen beim Laufen. Große Gedanken machte ich mir dabei keine, Fremdeinwirkung schloss ich aus. Erst als zwei Tage später bei einem Bein die Kräfte geschwunden waren, und ich dadurch gestürzt war, hatte ich das etwas ernster genommen. Da die Wunde schnell verheilte, und das schwammige Gefühl nicht schlimmer wurde, dachte ich etwas naiv „Ist von selbst gekommen, wird auch von selbst wieder gehen“.

Handlungsbedarf: Die Buchung

Eine Krimi-Kreuzfahrt. „Was ist das denn?“, fragte ich mich, als ich eine Schiffsreise im März 2022 auf Flüssen und Kanälen entdeckte, die unter diesem Thema von Viva Cruises angeboten wurde. Mit diesem Reiseveranstalter hatte ich bislang nur gute Erfahrungen gemacht, zum Beispiel hier mit der MS Swiss Crown:

Kreuzfahrt-Duo: Unterwegs mit der MS Elegant Lady und der MS Swiss Crown

Aktionen wie Live-Lesungen der Autoren, Verkauf der vorgestellten Bücher, Verleih von Kriminalromane und Spiele waren rund um das kriminalistische Thema. Dieses wie auch die Ausflüge zu Original-Schauplätzen wie zum „Der Scharfrichter von Minden“ interessierten mich nicht so dabei, sondern die selten angebotene Route von Berlin nach Düsseldorf. Mit Zwischenaufenthalten in Städten, in denen ich außer in Münster noch nie war, wie Brandenburg an der Havel, Magdeburg und Minden.

Da ich damals bereits sehr reif für mein Alter war (Urlaubsreif natürlich …), buchte ich zusammen mit einer Reisebegleitung diese Kreuzfahrt. Für die An- und Abreise wurde die Bahn gewählt, selbst nach Berlin spart man ab unserem Heimatort Hochheim im Rhein-Main-Gebiet nicht viel Zeit mit dem Flugzeug. Zumal die Ablegestelle nahe dem Bahnhof Spandau lag, der direkt von Frankfurt aus mit der Bahn angefahren wird.

Der Alltag: Die Anreise

Das war die Theorie. Dass ich dadurch eine Lawine an Ereignissen auslöste, war mir damals nicht ansatzweise bewusst. Bei mir klappt auf Reisen nicht immer alles, mit einer viel längerer Tradition, als der TSV Hoffenheim in der Fußballbundesliga spielt. Es gab und gibt immer vorhersehbare Unvorhersehbarkeiten auf meinen Reisen.

Hier bereits vor der Abfahrt. Wir hatten ein Taxi für den 26.2.2022 um 9:15 zum Fernbahnhof vom Flughafen Frankfurt gebucht, und ich sah eine halbe Stunde vorher die Meldung auf der Bahn-App: „Fahrt fällt aus“, nach dem Motto „Online buchen, Offline fluchen“. Winterstürme machten es unmöglich, mit der Bahn nach Berlin zu kommen. Während den verbleibenden Minuten organisierte ich einen Flug zu passenden Zeiten, was mir zum Glück schnell gelungen war. Der Taxi-Fahrerin mussten wir nur mitteilen, dass wir bei der Ankunft am Flughafen anstatt zum Fernbahnhof zum Terminal 1 mussten.

Den Check-in erledigte ich mit der Lufthansa-App, und war überrascht, dass kurzfristig auch der benötigte Mobilitätsservice angefordert werden konnte. Das war ein Service vom Feinsten von der Lufthansa. Wir hatten dadurch fast keine Wartezeit an den Kontrollen und waren so mehr als eine Stunde vor dem Abflug am Gate.

Eine halbe Stunde Verspätung gab es kostenlos zu, wir warteten länger auf das Einsteigen, als wir später in der Luft waren. Eine schöne Geste fand ich, dass in dieser Zeit der Kapitän seiner Crew eine Runde Kaffee im Terminal geholt hatte. Dies bestimmt auf seine eigene Rechnung, denn Muckefuck haben die ja selbst an Bord. Und etwas anderes wird die Firma kaum bezahlen. An Bord gab es trotz der kurzen Dauer etwas aus der deutschen Heimat zu essen, „Tasting Heimat“: Huhn nach Leipziger Art.

Nach der Landung war es mein Erstbesuch im neuen BER Flughafen, und bei so etwas achte ich immer auf die örtliche Gastronomie auf dem Weg zum Ausgang. Ein schönes und uriges Lokal war mir auf dem Weg leider nicht aufgefallen. Zeit und Möglichkeiten hatte ich dazu genug, die Wege fand ich ewig lang. Ich musste dazu zwei schwere Gepäckstücke durch das ganze Terminal tragen, und war kaum dem Tempo des Mobilitätsservices gewachsen. Ich musste mir alle Mühe geben, die beiden nicht zu verlieren. Durch meiner Übermotivation war mir dies gelungen, auch wenn mein Körper das nicht ganz so gefallen hatte.

Trotzdem war meine Entscheidung auf den Flug umzubuchen richtig, es gab zwei Tage lang keine Züge in diese Richtung, und die Flüge waren später nur noch zu viel teureren Preisen verfügbar.

Ein Taxi brachte uns nach diesem Marathon zum „Kreuzfahrt-Terminal Spandau“ mit dem Spandauer Bären:

Die MS Swiss Ruby im Kreuzfahrt-Terminal Spandau
Die MS Swiss Ruby im Kreuzfahrt-Terminal Spandau

Dort konnten wir an Bord der MS Swiss Ruby gehen.

Die Kulisse: MS Swiss Ruby

Die erste Meldung vom Kreuzfahrt-Direktor erfreute uns, wahrscheinlich aber nicht die Reederei: Es waren nur 41 von möglichen 88 Passagieren an Bord. Ein Gedränge war damit auszuschließen. Wir gingen nach dem Gang zu unseren Kabinen erst einmal dorthin, wo wir als Erstes immer hingehen, natürlich in die Bar:

Die Bar der MS Swiss Ruby
Die Bar der MS Swiss Ruby

An Bord gibt es ein All-inclusive Konzept. Man muss auch mal Wein sagen dürfen. Oder Champagner, auch dieser war im Reisepreis inbegriffen. Der Service war dabei wie gewohnt bei dieser Gesellschaft ohne Tadel und aufmerksam.

Es gab freie Platzwahl im Restaurant, für uns wurde aber wegen der Gehbehinderung meiner Reisebegleitung immer ein Platz in der Nähe des Eingangs vorbereitet und reserviert. Einem Passagier gefiel dies anscheinend nicht, und blockierte mit seiner Masse und Ausbreitung nicht nur seinen Tisch, sondern auch einiges von unserem daneben.

Es sah aus wie bei „Ein Ostgote auf Kreuzfahrt“, sodass wir (auch, aber nicht nur wegen Corona) keine Lust hatten, uns sich dahin zu setzen. Wir fanden immer eine passende Alternative, zeigt mir aber wie oft, dass manche Passagiere mir demonstrieren, wie ich niemals leben möchte. Generell waren die meisten Passagiere aber nett und hatten Verständnis. Und es waren auf dieser Fahrt nicht die Ältesten der Alten an Bord, sondern nur Alte. Also so in meinem Alter.

Die Speisekarten waren dem Thema angepasst, mir wirkte das aber auf zu viel Originalität bemüht:

Eine Speisekarte auf der MS Swiss Ruby
Eine Speisekarte auf der MS Swiss Ruby

Eingedeckt wurde fein:

Tischgedeck auf der MS Swiss Ruby
Tischgedeck auf der MS Swiss Ruby

und was auf dem Teller gekommen war mundete, wie hier eine Wildschweinbratwurst:

Eine Wildschweinbratwurst auf der MS Swiss Ruby
Eine Wildschweinbratwurst auf der MS Swiss Ruby

Die Kabinen waren ausreichend für unsere Belange. Nicht ganz so großzügig wie die in den Vorjahren von VIVA-Cruises angemietete Schiffe von Tauck, ein auf Passagiere aus Übersee ausgelegter Luxus-Veranstalter. Da diese Zielgruppe in den vergangenen zwei Jahren in Europa ausblieb, wurden die Schiffe an zahlungsschwächere europäische Gäste eingesetzt, um das Personal und die Flotte weiterhin in Betrieb halten zu können.

Hier mein Bericht über eine Kreuzfahrt auf dem Main mit der MS Treasure:

Mein neuer Schatz: Mit der MS Treasures unterwegs auf dem Main

Aber das hatten wir auch gar nicht erwartet. Die MS Swiss Ruby ist ein kleines, feines Schiff mit viel Atmosphäre. Der Reiseleiter Christian gab sich Mühe, unsere Sonderwünsche zu erfüllen, und die beiden Mitarbeiter an der Rezeption waren immer bereit, uns zu unterstützen. Zum Beispiel bei einem Deckwechsel, da kein Lift vorhanden ist auf dem Schiff, und Hilfe dabei von uns benötigt wurde. So stand einer schönen Seefahrt nichts im Wege.

Aber nur fast, denn sofort aufgefallen waren uns die hässlichen Blumen aus Plastik auf den Tischen in der Bar, die aussahen, als seien sie frisch vom Schießstand geschossen:

Blumenschmuck auf der MS Swiss Ruby, vorher
Blumenschmuck auf der MS Swiss Ruby, vorher

Die passten nicht zum schicken restlichen Ambiente. Darauf hatten wir den Restaurant-Manager angesprochen, und am nächsten Tag gab es frische Blumen:

Blumenschmuck auf der MS Swiss Ruby, nachher
Blumenschmuck auf der MS Swiss Ruby, nachher

Das Ergebnis, wenn Passagiere an Bord sind, die in diesem Gewerbe sich auskennen, und die Crew lernbereit ist.

Auf einem Tisch und Regalen in der Bar befanden sich Romane und Spiele über das Thema:

Kriminal-Romane und Spiele auf der MS Swiss Ruby
Kriminal-Romane und Spiele auf der MS Swiss Ruby

Kriminal-Romane auf der MS Swiss Ruby
Kriminal-Romane auf der MS Swiss Ruby

Vier der Autoren waren auf unserer Kreuzfahrt an Bord und gingen die Lesungen ganz unterschiedlich an. Der erste las nur stupide aus seinem Buch vor, das war ein guter Einschlaf-Tipp, aber nicht mehr. Der nächste machte es etwas interessanter, und fand am Ende des Vortrages etwas Zeit, damit wir Fragen stellen konnten. Ich war fast der Einzige, der dies genutzt hatte, aber das war wenigstens etwas unterhaltsam. Trotzdem hatten wir daraufhin eine weitere Lesung geschwänzt. Alle Sitzungen waren lange nicht so überlaufen wie die Auftritte der Ehrlich Brothers, die Anzahl der Zuhörer war überschaubar. Bei Kaffee und Kuchen war der Salon besser gefüllt …

Ich hatte den Eindruck, so ausgefallen das mit der Krimi-Thematik auch war, dass die Gäste bei der Buchung eher an der Route interessiert waren, anstatt dem Thema der Reise.

Richtig spannend wie erwartet war es nur bei Axel Petermann. Ein Kriminalist, Profiler und Autor, und seit 2001 Berater verschiedener Tatort-Produktionen. Auch er hatte am Anfang aus einem seiner Werke vorgelesen, aber weit weniger als die anderen, und schätzte lieber den Dialog mit seinen Zuhörern.

Ich fragte ihn dabei, ob eine Tatort-Sendung realistisch ist, aus eigener Erfahrung konnte er dies verneinen. Manche seiner Verbesserungsvorschläge wurden abgelehnt, weil sie im Film der gewünschten Unterhaltung nicht entsprechen, obwohl das Gedrehte nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Oder, und viel schlimmer, ob man als Mitarbeiter eine Schulung bekommt, um schrecklich erlebtes während des Dienstes zu verarbeiten. Aber das gibt es leider nicht, ich hätte es erwartet.

Ich hatte mich während der Reise mit seiner Frau und ihm ein paarmal unterhalten, sie sind ein sehr sympathisches Ehepaar abseits aller Allüren. Natürlich erwarb ich an Bord ein Werk von ihm „Im Auftrag der Toten“, was ich allen Krimi-Freunden empfehlen kann. Weitere Bücher werden wir noch über andere Kanäle bestellen, wobei zu beachten ist, dass es von ihm sowohl Sachbücher als auch fiktive Romane gibt.

Krimis von Axel Petermann
Krimis von Axel Petermann

Ob das Gesamtpaket „Krimi-Kreuzfahrt“ für die Veranstalter aufgegangen war, kann ich schwer beurteilen. Mühe hatten sie sich gegeben, aber der rote Faden hatte für mich gefehlt. Wahrscheinlich wäre der Aufwand mit einer durchgehenden Inszenierung à la „Finde den Täter an Bord“, mit Suchspielen, fiktiven Polizei-Einsätzen, Zeugen-Aussagen oder so etwas in der Art aufregender gewesen, war wohl aber eher zu aufwendig. Wenn die Route passt, würde ich so etwas wieder buchen. Gestört hatte es nie und war teilweise amüsant. Aber wegen des Themas selbst würde ich keine weitere Reise buchen.

Nun waren wir als Ermittler geschult und so weit, unser Wissen als Fachanalytiker an den Tatorten einsetzen zu können. Natürlich stimmt die zeitliche Reihenfolge meines Berichtes nicht, die unterschiedlichen Aktionen waren über die Reise verteilt. Aber die Krimis im Fernsehen schummeln ja auch bei so etwas …

Spionageverdacht: In Potsdam

Potsdam ist weltberühmt, weil es hier den einzigen ALDI in Deutschland mit Jacht-Anlegeplatz gibt. Und auch wegen Spionage, früher war das für den König politischer Alltag am preußischen Hof. Die Aktivitäten leben noch, im August 2021 wurde ein Brite in der Stadt verhaftet, weil er für Russland spioniert haben soll.

So ganz nebenbei ist sie auch eine kreisfreie Stadt, mit gut 180.000 Einwohnern die bevölkerungsreichste, und die Hauptstadt des Landes Brandenburg.

Ich wollte schon ewig da mal hin, hatte auch bereits einmal ein Hotel dort gebucht, es hatte aber leider nie geklappt. So war ich froh, endlich die Stadt erkunden zu können, was ich nach der Ankunft dort so früh wie möglich begonnen hatte.

Fast noch vom Schiff aus sah ich bereits das Stadtschloss, ein Profanbau am Alten Markt in der City:

Das Stadtschloss von Potsdam
Das Stadtschloss von Potsdam

Kurios dort ist die Puttentreppe. Sie hat 24 Stufen, führt nach Nirgendwo, und muss sich über die Zukunft keine Gedanken machen: Für eine halbe Million Euro hat sie in 2019 ein Bronze-Gitter bekommen.

Nicht weit davon etwas nördlich liegt der Alte Markt, ein zentraler Platz in der Altstadt. Er bildet den historischen Stadtkern:

Der Alte Markt in Potsdam
Der Alte Markt in Potsdam

Der Obelisk entstand in den Jahren 1753 bis 1755, und erreicht eine Höhe von knapp fünfundzwanzig Meter.

Den Platz dominiert aber eher die evangelische St. Nikolaikirche:

Die Nikolaikirche in Potsdam
Die Nikolaikirche in Potsdam

Sie entstand in den Jahren 1830 bis 1837. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie bei einem Luftangriff auf Potsdam getroffen und durch sowjetischen Artilleriebeschuss schwer beschädigt. Nach dem Wiederaufbau wurde sie 1981 erneut geweiht.

Ich ging in das Innere:

In der Nikolaikirche in Potsdam
In der Nikolaikirche in Potsdam

und bestaunte die Kuppel des Gotteshauses:

Die Kuppel der Nikolaikirche in Potsdam
Die Kuppel der Nikolaikirche in Potsdam

Zum ersten Mal seit Kriegsende erklang 2020 wieder Orgelmusik von der Empore, in diesem Jahr wurde die neue Hauptorgel bei einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht:

Die Orgel der Nikolaikirche in Potsdam
Die Orgel der Nikolaikirche in Potsdam

Von der Kirche aus ging es weiter zum Museum Barberini. Die dortige Skulptur „Jahrhundertschritt“ ist eine Bronzeplastik:

Der Jahrhundertschritt im Museum Barberini in Potsdam
Der Jahrhundertschritt im Museum Barberini in Potsdam

Sie gilt als eines der bedeutendsten Kunstwerke der DDR zu Zeiten der Deutschen Teilung und ist eine Parabel auf die Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts. Die Statue wurde im Sommer 2016 mit einem Kran in dem Hof platziert, und in 2017 beschädigte ein Berliner sie mit roter Farbe. Er hatte eine „Kunstaktion“ vor.

Es gibt nicht nur in Berlin ein Brandenburger Tor, sondern auch in Potsdam. Es steht am Luisenplatz, wurde 1770 im Auftrag Friedrichs II. gebaut, und ist somit gut zwanzig Jahre älter als Deutschlands Nationalsymbol in der Hauptstadt. Somit ist es „das Echte“, da es auch im richtigen Bundesland liegt:

Das Brandenburger Tor in Potsdam
Das Brandenburger Tor in Potsdam

Weiterführen wollte ich mein touristisches Ausflugsprogramm natürlich mit dem Besuch vom Park Sanssouci, mit der prächtigen Fontäne im Zentrum, und dem Schloss des Alten Fritz.

Der Obelisk am Eingang wies mir den Weg:

Der Obelisk im Park Sanssouci, Potsdam
Der Obelisk im Park Sanssouci, Potsdam

doch dieses Schild hatte etwas dagegen:

Unwetter im Park Sanssouci, Potsdam
Unwetter im Park Sanssouci, Potsdam

Der Park war wegen des Unwetters geschlossen. Das stellten zeitgleich anwesende Personen mit Kinder und Hunde auch fest, und da dachte ich, dass die sich mit Sicherheit vor Ort besser auskennen als ich. Ich fragte, was ich in der Nähe unternehmen konnte, und sie hatten mir den Mühlenberg empfohlen. Er liegt auf einem Höhenzug, auf dem einst vier Mühlen standen.

Zuerst lief ich am originellen Winzerberg vorbei, mit dem denkmalgeschützten Winzerhaus, eine in 1849 erbaute Turmvilla:

Der Winzerberg in Potsdam
Der Winzerberg in Potsdam

Der Winzerberg in Potsdam
Der Winzerberg in Potsdam

Der Mühlenberg ist zum größten Teil mit Villen bebaut, von dort aus hatte ich einen hervorragenden Panoramablick auf Potsdam:

Blick vom Mühlenberg auf Potsdam
Blick vom Mühlenberg auf Potsdam

Das hatte sich gelohnt, ging aber auch in die Knochen. Meine liebste Kindheits-Erinnerung ist keine Kreuzschmerzen gehabt zu haben, Jahrzehnte später habe ich sie. Ich lief Richtung Schiff zurück, und war dabei am Jägertor vorbeigekommen:

Das Jägertor in Potsdam
Das Jägertor in Potsdam

Es wurde im Jahr 1733 errichtet, und ist das Einzige von ehemals insgesamt sieben Stadttoren, welches noch im Original erhalten ist.

Danach war ich wieder am Alten Markt vorbeigekommen, und sah überraschend auf den anliegenden Staudenhof. Der war mir bei dem ersten Blick am Morgen nicht aufgefallen. So etwas hatte ich in der Innenstadt von Potsdam nicht erwartet:

Der Staudenhof in Potsdam
Der Staudenhof in Potsdam

Das Gebilde wurde in 1977 angelegt. Im Herbst 2009 wurde von der Stadtverwaltung entschieden, dass das winkelförmige Wohn- und Gewerbegebäude abgerissen werden soll. Die abzureißenden Gebäude sollen durch Neubauten ersetzt werden, der Bestandschutz gilt bis 2022. Für mich ein Schandfleck, für andere erhaltungswürdig:

Der Staudenhof in Potsdam
Der Staudenhof in Potsdam

In der Nähe des Schiffes der „Alte Fahrt“ entlang (ein Nebenarm der Havel) waren in dem Friedfischrevier viele Männer am Angeln. Welche Fischsorten dabei die Opfer waren, konnte ich nicht herausfinden. Die Petrijünger, die ich gefragt hatte, konnten alle kein Deutsch, sondern nur Polnisch. Die meisten hatten wohl Durst, was an den vielen herumliegenden Bierflaschen gut zu sehen war.

Potsdam hatte mir auf Anhieb ausgezeichnet gefallen, die Stadt ist klasse:

Unterwegs in Potsdam
Unterwegs in Potsdam

Nur war mir die Zeit vor Ort dort zu wenig. Ich werde wohl wiederkommen müssen. Und hoffe dann ein besseres Wetter als nach der Abfahrt zu haben:

Regen in Potsdam
Regen in Potsdam

Kriminelle Fauna: Brandenburg an der Havel

Brandenburg an der Havel“ war mir nicht unbedingt aus dem Erdkunde-Unterricht bekannt. Den Bundesstaat kannte ich natürlich, aber nicht die gleichnamige Stadt. Sie liegt westlich von Berlin und ist bekannt für ihre gotischen Gebäude aus Backstein.

Bereits vom Schiff aus war der Dom Sankt Peter und Paul zu sehen, dessen Kapelle eine barocke Orgel und eine bemalte Gewölbedecke hat:

Der Dom Sankt Peter und Paul in Brandenburg an der Havel
Der Dom Sankt Peter und Paul in Brandenburg an der Havel

Er ist das größte Kirchengebäude der Stadt und wird aufgrund seiner kulturhistorischen Bedeutung als „Wiege der Mark Brandenburg“ bezeichnet.

Dieser Ausblick erweckte eine umgehende Lust, sich die Stadt anzusehen. Dort angekommen sah ich den Steintorturm, ein mächtiger Torturm:

Der Steintorturm in Brandenburg an der Havel
Der Steintorturm in Brandenburg an der Havel

Er gehört zu ehemaligen acht davon in der Neustädter Stadtmauer. Heute sind noch vier verbliebenen davon. Das Gebäude wird derzeit als Stadtmuseum genutzt.

Am Morgen des 24. April 1945 erreichten sowjetischen Truppenverbände die Stadt, und trafen auf starken Widerstand deutscher Einheiten. Nach heftigen Kämpfen besetzte die Rote Armee die Altstadt und übernahm die Verwaltung. 255 gefallene Sowjetsoldaten wurden hier bestattet. Noch 1945 wurde dieses Sowjetisches Ehrenmal eingeweiht;

Das Sowjetisches Ehrenmal in Brandenburg an der Havel
Das Sowjetisches Ehrenmal in Brandenburg an der Havel

Den zehn Meter aufragenden Obelisken umgeben vier Bronzefiguren. Sie stellen einen Infanteristen, Artilleristen, einen Flieger und einen Panzerfahrer der Roten Armee dar.

Mir hatte es in der Stadt sehr gut gefallen, die Stadt hatte für mich einen tollen Flair:

In Brandenburg an der Havel
In Brandenburg an der Havel

Sie ist weiterhin für Waldmöpse bekannt. Das sind mehrere lebensgroße Kunstfiguren von Loriot, Ehrenbürger der Stadt:

Ein Waldmops in Brandenburg an der Havel
Ein Waldmops in Brandenburg an der Havel

Ein Waldmops in Brandenburg an der Havel
Ein Waldmops in Brandenburg an der Havel

In Brandenburg herumzulaufen, kann gefährlich sein. Beim Fotografieren warnte mich ein Einheimischer, dass die Waldmöpse beißen. Vielleicht hat dieser dies heimlich auch getan, mitbekommen hatte ich nichts: Da der Waldmops schwere Schäden an Flora und Fauna anrichtet, gab es scharfe Kritik an der Untätigkeit der Bundesforstverwaltung angesichts der teuren Waldschäden, bei denen romantische Tierliebe fehl am Platz sei. Sehe ich auch so. Bitte nicht falsch verstehen, ich liebe Hunde. Besonders als Sauerbraten oder Rouladen.

Quatsch, das ist unser neuer Familienfreund:

Unser neues Familienmitglied: Milo
Unser neues Familienmitglied: Milo

Und der wird nicht gegessen, versprochen.

Nun war die Frage in meinem Kopf: Ist die Mehrzahl von Wischmopp Wischmöpse? Die Antwort konnte ich nicht ungelöst lassen, und lief um das schonungslos und in Ruhe zu recherchieren in das schicke Restaurant Herzschlag. Es wirbt mit „Euer Wohnzimmer inmitten unserer Heimat“ und das passte:

Das Restaurant Herzschlag in Brandenburg an der Havel
Das Restaurant Herzschlag in Brandenburg an der Havel

Ein Lokal mit viel Flair, guten Getränken und einer netten Bedienung. Nach dem Motto „Im Himmel gibt es kein Bier, deshalb trinke ich es hier“ tat ich das:

Zinni im Restaurant Herzschlag in Brandenburg an der Havel
Zinni im Restaurant Herzschlag in Brandenburg an der Havel

Mir wurde übrigens schon einmal ein Job als Modell angeboten! Ich bin die Person mit dem „Vorher“ auf dem Werbe-Bild.

Es war schön einfach mal wieder etwas zu trinken, ohne an etwas außer Trinken zu denken. Dass dieses Gefühl nicht lange anhielt, und auf einmal Corona nicht mehr das Dauerthema war, sondern ein fürchterlicher Krieg ahnte ich da noch nicht …

Beten für die Ukraine
Beten für die Ukraine

Nach dem tollen Aufenthalt lief ich zufrieden zurück zum Schiff, mit wunderschönen Lichtern. Sorry für die schlechte Qualität der Bilder:

Abendliche Stimmung in Brandenburg an der Havel
Abendliche Stimmung in Brandenburg an der Havel

und einer fantastischen Stimmung:

Abendliche Stimmung in Brandenburg an der Havel
Abendliche Stimmung in Brandenburg an der Havel

Man muss auf der Welt mit allem rechnen, auch mal mit dem schönsten. Brandenburg an der Havel war für mich die Überraschung der Reise, und ein unerwartetes Kleinod. Zufrieden verabschiedeten wir uns mit einem schönen Blick auf die Stadt am nächsten Morgen von ihr:

Blick auf Brandenburg an der Havel
Blick auf Brandenburg an der Havel

Mit dieser Euphorie verlängerten wir an Bord spontan die Kreuzfahrt, und buchten auch die Strecke Düsseldorf nach Berlin zurück. Wir konnten sogar unsere Kabinen behalten, eine weitere Woche Vergnügen stand nichts im Wege. Dachten wir zumindest.

Der Ripper: Magdeburg

Wie man sieht, das Wetter in Magdeburg spielte am nächsten Morgen mit. Aber auch viel Natur anstatt Stadt, ich hatte mir die Stadt größer vorgestellt:

Am Mittellandkanal
Am Mittellandkanal

Leider lagen wir weit außerhalb der Stadtmitte im Norden von Magdeburg wegen den Wasser-Bedingungen. Da wir am Vortag an Bord verlängert hatten, dachte ich, dass wir in der Folgewoche wieder hier anlegen. So hatte ich nur das Umfeld genossen, und ließ es ruhig angehen.

Dadurch konnte ich auch nicht auf die Spuren eines brutalen Vierfachmörders gehen, der die meiste Zeit seines Lebens hinter Gittern verbracht hat. Den die DDR 1973 zum Tode verurteilte, dadurch er nach der Wende wieder auf freien Fuß war, und 1995 erneut zugeschlagen hatte. Der Fall war im Fernsehen als „Ripper von Magdeburg“ zu sehen.

Nahe vom Schiff war das Schiffshebewerk Rothensee:

Das Schiffshebewerk Rothensee
Das Schiffshebewerk Rothensee

Es überbrückt den Höhenunterschied zwischen dem Mittellandkanal und dem Rothensee-Verbindungskanal, der die Verbindung mit der Elbe und dem Magdeburger Hafen herstellt. Das Schiffshebewerk ist mittlerweile wegen einer parallelen Sparschleuse überflüssig, wird aber als technisches Denkmal weiterbetrieben:

Das Schiffshebewerk Rothensee
Das Schiffshebewerk Rothensee

Die gleichnamige Siedlung liegt daneben. Die einzige Kneipe dort „Der Anker“:

Das Restaurant zum Anker in Rothensee
Das Restaurant zum Anker in Rothensee

hat bedauerlicherweise seit einem Jahr geschlossen wegen eines Wasserschadens, und die dazugehörende Hütte war nicht zu unseren Anlegezeiten geöffnet. Zuerst dachte ich an einen Alibi-Grund, und dass das Haus aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben hatte. Aber ich traf zufällig die sympathischen Inhaber. Sie haben fest vor, wieder zu öffnen. Nur kommen die Handwerker nicht bei … Ostern 2021 wurde ihm als erster Termin der Reparatur versprochen. Ich würde ihm eine schnelle Lösung gönnen, es sieht gemütlich aus, und die Speisekarte auf der Webseite liest sich gut an.

Nur dort ohne Auto hinzukommen wird schwer. Der Nahverkehr ist nicht für Kreuzfahrt Passagiere oder gar Tagesgäste optimiert:

Nahverkehr in Rothensee
Nahverkehr in Rothensee

Viele Bäume hatten dort einen Schmuck, der schlecht für sie ist, denn sie schaden ihnen:

Misteln in Rothensee
Misteln in Rothensee

Die Misteln schmarotzen fleißig hier. Der grüngelbe Halbparasit ist eine Plage und schwächt viele Baumarten. Der Brandenburger Wald ist dadurch jahrelang im Dauerstress, mit hohen Absterbe-Raten:

Misteln in Rothensee
Misteln in Rothensee

Das zu ändern ist aber keine Aufgabe von uns mittlerweile Profi-Ermittler. Und zugutehalten muss man den kugelig wachsenden Pflanzen, dass ihnen Heilkräfte nachgesagt werden, und das nicht erst seit Asterix und Obelix. Wir verließen den Ort, und fuhren durch wunderschöne Industrie-Landschaften Richtung Wolfsburg:

Auf dem Weg von Magdeburg nach Wolfsburg
Auf dem Weg von Magdeburg nach Wolfsburg

Der Ticketbetrüger: Wolfsburg

Am nächsten Tag erreichten wir mit der MS Swiss Ruby Wolfsburg, eine kreisfreie Großstadt im Osten des Landes Niedersachsen:

Die MS Swiss Ruby in Wolfsburg
Die MS Swiss Ruby in Wolfsburg

Die Stadt wurde 1938 als Sitz des Volkswagenwerks gegründet und ist mit rund 125.000 Einwohnern die fünftgrößte im Bundesland. Es gibt keine Altbauwohnungen, da die Stadt erst 1938 gegründet wurde. Die Häuser sind daher alle noch nicht einmal achtzig Jahre alt. Da ich auf der Rückfahrt wieder dort vorbeikomme, wollte ich den Besuch der Innenstadt mir für das nächste Mal vornehmen, und an diesem Morgen die Autostadt der Volkswagenwerke besuchen. Sie war vom Schiff aus einfach über eine Brücke zu erreichen:

Die Autostadt in Wolfsburg
Die Autostadt in Wolfsburg

Im KonzernForum der Autostadt fällt sofort ein Gitterglobus aus Aluminium ins Auge. Er wird „Exosphere“ genannt, hat einen Durchmesser von zwölf Metern und wiegt viereinhalb Tonnen:

Der Globus Exosphere in der Autostadt in Wolfsburg
Der Globus Exosphere in der Autostadt in Wolfsburg

Vor fünfzig Jahren in 1972 löste der „VW Käfer“ das „Ford Model T“ als meistgebautes Auto der Welt ab. Zwei Wochen lang im Februar 2022 standen dort diese beide Klassiker Tür an Tür:

VW Käfer und Ford Model T in der Autostadt in Wolfsburg
VW Käfer und Ford Model T in der Autostadt in Wolfsburg

Nicht verstanden hatte ich das System mit dem Eintrittsgeld zum Betreten der Außenanlagen. Es war vor zehn Uhr, und ich sollte mich laut Personal beeilen das Gelände zu betreten, da danach ein Ticket benötigt wird. Ich war so gut wie alleine auf dem Gelände:

In der Autostadt in Wolfsburg
In der Autostadt in Wolfsburg

Das Wahrzeichen der Autostadt sind zwei Auto-Türme, als vollautomatische Hochregale sorgen sie für die Auslieferung von durchschnittlich fünfhundert Autos pro Tag. Eine voll verglaste Konstruktion erlaubt die Einsicht in ihr Inneres:

Auto-Türme in der Autostadt in Wolfsburg
Auto-Türme in der Autostadt in Wolfsburg

Die Transporttechnologie ist laut Guinness World Records das „schnellste automatische Parksystem der Welt“.

Nicht besucht hatte ich das Automobilmuseum ZeitHaus:

Das Automobilmuseum ZeitHaus in der Autostadt in Wolfsburg
Das Automobilmuseum ZeitHaus in der Autostadt in Wolfsburg

sowie kein Pavillon. Hier der von Porsche:

Der Porsche-Pavillon in der Autostadt in Wolfsburg
Der Porsche-Pavillon in der Autostadt in Wolfsburg

Als ich zurück im Konzernforum war, gab es Andrang an den Kassen. Entweder wussten die wenigen von dem freien Eintritt vorher, oder das Ticket ist ein beliebtes Sammelobjekt. Beides kann ich mir aber auch nicht so richtig vorstellen. Wenn ich etwas falsch gemacht hatte, kann ich mir aber auch nicht vorstellen, unter die „größten Kriminalfälle der Welt“ einzugehen. Vielleicht von denen in Deutschland, aber nicht mehr. Das Volkswagen-Werk wird es verkraften, wenn ich doch Kriminalgeschichte geschrieben habe.

Mein kleiner Einblick war nicht uninteressant, und mehr als 42 Millionen Besucher haben die Autostadt laut Unternehmen in der mehr als zwanzigjährigen Geschichte besucht. Damit ist der Park ein beliebtes Ausflugsziel, aber mir sind Natur oder Altstädte lieber. Die Inszenierung war mir zu keimfrei und perfekt, jedem das Seine. Nicht gerade mit Wehmut verabschiedeten wir uns von Wolfsburg. Es gibt Schlimmeres, aber auch Schöneres:

Das VW-Werk in Wolfsburg
Das VW-Werk in Wolfsburg

Zudem tat mir ein Bein weh, obwohl ich nur sechstausend Schritte gelaufen war ohne große Steigungen, was mich sehr gewundert hatte. Große Gedanken machte ich mir aber keine darüber. Und die Stadt selbst konnte ich mir ja auf der Rückfahrt anschauen, wobei ich befürchtete, dass es dort gar nicht so viel Interessantes zu sehen gibt.

Der Scharfrichter: Kurz in Minden

Da VW nicht petzte, und keine Festnahme erfolgte, hätte ich am nächsten Morgen von der Anlagestelle der MS Swiss Ruby:

Die MS Swiss Ruby in Minden
Die MS Swiss Ruby in Minden

in die Innenstadt von Minden laufen können. Die Entfernung war nur etwa zwei Kilometer, die im Normalzustand für mich ein Einlaufen sind. Da nur Hexen von dem damaligen Scharfrichter (der „mit der Schärfe des Richtbeils“) verfolgt wurden, war Zinni dort auch nicht in Gefahr.

Da es meinem Bein aber immer noch nicht besser ging, unterließ ich das lieber, und lief nur etwas durch die nahe Umgebung. Ich schaffte es nur bis zum nahe gelegenen Wasserstraßenkreuz. Hier kreuzt mit zwei Schleusungen der Mittellandkanal die Weser:

Das Wasserstraßenkreuz in Minden
Das Wasserstraßenkreuz in Minden

Viel mehr zu sehen gab es in dieser Gegend nicht, so machte ich mich auf die erfolgreiche Suche nach einem Kiosk, um gewünschte Zeitschriften für meine Reisebegleitung zu besorgen. Wenigstens ein kleines Erfolgserlebnis an diesem Tag. Wie am Vortag hoffte ich in der zweiten Woche mir die Stadt und das Emperor William Monument in Porta Westfalica anschauen zu können.

Das Krimi-Pflaster: Münster

Nachdem ich im letzten Jahr eine gute Erfahrung mit einer Rikscha-Tour in Köln mit meiner Reisebegleitung und mir gemacht hatte:

Fünf Tickets für einen: Ein Reise-Quintett im Coronajahr 2021

wollte ich das in Münster wiederholen. Schlechtes Wetter und erneut meine Knochen sprachen aber dagegen.

Da ich im Jahr zuvor mir bereits die Stadt ausgiebig angeschaut hatte:

Auf der Suche nach dem Abenteuer: Eine Expeditions-Kreuzfahrt auf der deutschen Nordsee

ließ ich es dabei, und ging nicht mehr erneut auf den Spuren von Tatort und Wilsberg zu den originalen Drehplätzen. In der Stadt hat das Verbrechen Konjunktur, wenn auch nur im Fernsehen. Seit zwanzig Jahren ist sie Schauplatz für mörderische Fernsehunterhaltung.

Zum Glück legte das Schiff im Stadthafen an, eine mir unbekannte Sehenswürdigkeit:

Die MS Swiss Ruby im Stadthafen von Münster
Die MS Swiss Ruby im Stadthafen von Münster

Der Hafen hatte in den 1970er Jahren an Bedeutung verloren, und hat sich seit 1996 vom Güterumschlagplatz zum Kreativ-Kai entwickelt:

Der Stadthafen von Münster
Der Stadthafen von Münster

Unternehmen wie der Coppenrath Verlag mit dem Hasen Felix, Kunst, Kultur, Restaurants und Szeneclubs wurden angesiedelt, und sollen für blühendes Leben sorgen:

Der Stadthafen von Münster
Der Stadthafen von Münster

Das kann an einem Abend sein, an diesem Morgen war es ruhig. Ich fragte mich dabei, ob Totentanz ein Verbrechen ist.

Die Restaurants fand ich zu stark auf „Cool und In“ gekünstelt:

Die Bar Spelunke im Stadthafen von Münster
Die Bar Spelunke im Stadthafen von Münster

und sind natürlich nicht traditionell gewachsen. Ich war mir nicht mal sicher, ob die Graffitis echt sind, ich befürchte eher nicht. Auch findet man hier nicht eine hohe Restaurant-Dichte, nur ganze zehn Restaurants bieten Allerweltszeug wie Pizza, Pasta, Burger, Tex-Mex und Cocktails an.

Hafentypische Gebäude wurden teils saniert, wie hier ein ehemaliger Kohlebunker eines früheren Kohlekraftwerks:

Ein Wärmespeicher im Stadthafen von Münster
Ein Wärmespeicher im Stadthafen von Münster

Dieser wurde zu einer Gas- und Dampfanlage umgebaut, und wird nun als Wärmespeicher genutzt.

Beim Anblick dieses Schiffes mit dem Namen „Günther“ dachte ich mir: „Das wird doch nicht dem Jauch sein?“:

Die MS Günther im Stadthafen von Münster
Die MS Günther im Stadthafen von Münster

Aber die Idee und Umsetzung dazu hatte ein Kandidat der Quizshow. Er kaufte von seinem hohen Gewinn das Schiff und taufte es auf den Namen des Quizmaster. Erfolg scheint er auf den ersten Blick zu haben, der Andrang für die Frühstücks-Hafenrundfahrt war groß, und belebte wenigstens etwas die Gegend.

Das Viertel war mir zu gekünstelt, und konnte mich nicht begeistern. Für die Rückfahrt hoffte ich auf besseres Wetter, und die geplante Rikscha-Tour.

Das Opfer: Düsseldorf

Nach einem Empfang mit Nebel am Morgen:

Nebel kurz vor Düsseldorf
Nebel kurz vor Düsseldorf

waren wir in Düsseldorf angekommen. Dort war unser Plan, ein Brauhaus zu besuchen. Wir hatten aber nicht an den doofen Karneval gedacht. Bereits am Rhein sah ich etliche Jecken auf engen Raum:

Karneval in Düsseldorf
Karneval in Düsseldorf

Das wollten wir uns in Corona-Zeiten nicht antun, und blieben „Brauhaus frei durch den Tag“.

Ich lief planlos nur etwas durch die Altstadt, und am Rheinturm (der Fernsehturm der Stadt) vorbei:

Der Rheinturm in Düsseldorf
Der Rheinturm in Düsseldorf

Aber mehr und mehr verließ mich meine Kraft in den Beinen. Jetzt hatte es endlich bei dem Zinni Klick gemacht nach dem Motto: „Es ist keine Sünde hinzufallen, aber eine, nicht wieder aufzustehen“. Ich lief zum nächstgelegenen Krankenhaus, und dort zur Notaufnahme. Dort sagte die Notfall-Ärztin mir, dass ich umgehend stationär behandelt werden muss. Anscheinend war in der Blüte meines Verfalls angekommen. Und lernte dabei etwas über vorher mir unbekannte Knochen in meinem Körper kennen. Meine ersten Magazine waren die von Micky Maus und Donald Duck, danach die Bravo, gefolgt vom Playboy. Nach jahrzehntelanger Spiegel/Focus/Stern-Leserei befürchtete ich, dass ich soeben bei der Apotheken-Rundschau angekommen bin.

Meine hoffentlich stimmige Entscheidung war nicht die aktuelle Ausgabe zu besorgen, sondern zurück auf das Schiff zu gelangen, um die Kreuzfahrt abzubrechen. Ein weiterer Aufenthalt an Bord hätte keinen Sinn ergeben.

Wir waren arm während meiner Jugend, ich wurde zum Beispiel nie mit dem Taxi zur Schule gebracht. Aber während dieses Momentes hatte ich mir eins gegönnt. Ich hatte nicht mehr die Kraft und den Willen zum Zurücklaufen zur MS Swiss Ruby. Die vorher über zwölftausend Schritte bei meinem Zustand waren wahrscheinlich schon entschieden zu viel des Guten, oder eher schlechten.

Die Ermittlung: Wiesbaden statt Duisburg

Am Morgen freute ich mich noch auf den Besuch der Heimat von Schimanski am Abend, die Stadt Duisburg. Das war das nächste Ziel der Kreuzfahrt, und diese wurde nicht angefahren bei der Hinfahrt. Sehnsuchtsvoll schauten wir unserer Heimat der letzten Woche beim Ablegen nach Duisburg zu:

Auf Wiedersehen MS Swiss Ruby
Auf Wiedersehen MS Swiss Ruby

Wie schade, dass wir nicht weiter an Bord bleiben konnten. Aber Gesundheit geht vor. Bei dem Spielfilm von Schimmi außerhalb der TV-Folgen ist bei der Titelmusik „Faust auf Faust“ von Klaus Lage der Anfang „Fang mir jetzt bloß nicht an zu weinen“. Mir war nach dem Abbruch der Reise trotzdem danach, deutsche Männer dürfen weinen.

Ich organisierte ein Taxi mit meiner Begleitperson zu meiner Heimatstadt, setzte sie dort ab, und fuhr alleine weiter nach Wiesbaden zur Notaufnahme in ein Krankenhaus. Ich hatte bei dem ganzen Stress zum Glück keine Zeit zum zusammenzuklappen.

Zum zweiten Mal in meinem Leben (ausgenommen vielleicht bei meiner Geburt) schlief ich in einem Hospital. Das erste Mal war das bei voller Gesundheit auf den Azoren, weil alle Hotels ausgebucht waren, und Zimmer dort für Touristen angeboten wurden.

Also wieder bereits nach Brandenburg und Co. in kurzer Zeit noch einmal Neuland für mich. Die Reise ging in eine mir unbekannte Region, in die ich einzudringen eine Woche vorher ansatzweise niemals geahnt hatte. Dafür gibt es keine Reiseführer oder passende Vorbereitungen. Und endete beim Verlassen einer dieser Welten mit dem Traum, mit OP-Hemd nicht in das Restaurant auf dem Schiff gelassen zu werden. Was für ein Horror.

Das soll es auch hier gewesen sein. Mein Bericht soll nicht in die Richtung „Kitschiger Arzt-Trivialroman“ enden. Nur noch dazu: Die Entscheidung des Abbruchs der Kreuzfahrt, der stationäre Aufenthalt und die Behandlung erscheint mir die richtige gewesen zu sein. Auch wenn ich tagelang gefangen war. Nicht am Herausgehen, sondern im Wust einer merkwürdigen und mir unbekannten Welt. Auf weitere Buchungen für die Zukunft dorthin kann ich gerne verzichten.

Das war zum großen Teil meine Gemütslage:

Der einsame Biertrinker“ Gerald Z., 5.3.2022

Der einsame Biertrinker
Der einsame Biertrinker

Typ, Flasche und Lokal leer.

Nun bitte nur noch die schönen Aussichten auf Wiesbaden und die Sonnenuntergänge von meinem Krankenbett aus genießen:

Blick auf Wiesbaden
Blick auf Wiesbaden

Blick auf Wiesbaden
Blick auf Wiesbaden

Blick auf Wiesbaden
Blick auf Wiesbaden

Der Verursacher des Aufenthaltes konnte nicht ermittelt werden. Ich vermute, es war eine unglückliche Konstellation mehrerer Ereignisse und Faktoren. Nur eines bin ich mir sicher: Die Waldmöpse waren unschuldig dabei.

Epilog: Going Home

Ich hätte nach der Reise noch sechs Arbeitstage zu arbeiten gehabt in meinem Berufsleben nach 48 Jahren im Dienste zweier Unternehmen. Diese Tage sind nun obsolet, ich bin ab sofort mein individueller Freizeitgestalter, und lebe nun unabhängig vom traditionellen Zeitmanagement. Wie das weitergeht, auch mit dem Hinblick auf die aktuellen Ereignisse, weiß ich erst übergestern. Geduld ist angesagt, obwohl mir so etwas schwerfällt.

Mein tägliches Trainings-Programm sieht derzeit so aus:


7:30 Aufstehen
7:45 Joggen
7:46 Duschen

Der Rest ist offen. In diesem Sinne, frei nach Schimanski und Klaus Lage passend zu meiner Situation:

Fang mir jetzt bloß nicht an zu weinen
du spielst doch sonst so'n harten Mann
mischst dich in alles ewig ein
bist wieder mal selbst Schuld daran
und das ist hart für Zinni
sein ganz privater Krimi
Faust auf Faust, hart ganz hart
alles das kann ich verdaun

Hoffentlich.

Bleibt gesund und munter, wenn ihr könnt. Irgendwann sitzen wir alle viel zu früh im Schaukelstuhl. Aber möglichst nicht in naher Zukunft.

Liebe Grüße und alles Gute wünscht euch Gerald

Nachtrag Eins

Bei dem Veranstalter Viva Cruise möchte ich mich bedanken für die großzügige Behandlung meiner Storno-Buchung abseits der ausgeschriebenen und akzeptierten Bestimmungen. Das war spitze, das Unternehmen wird in Zukunft dadurch mit weiteren Buchungen von mir belohnt. Und nicht auf meine schwarze Liste gesetzt. Mit Unternehmen darauf, bei denen ich nie mehr buchen würden. Sie wollen mit absurden Einstellungen zum Kunden den letzten Cent von ihm herausquetschen, aber auf den Euro in der Zukunft für Neubuchungen anscheinend gerne verzichten … Man kann mit guten Willen es einrichten, dass es nur Gewinner gibt. Andere bekommen es hin, dass es nur Verlierer gibt.

Nachtrag Zwei

Eine neue Kreuzfahrt wurde bereits auf dem Krankenbett gebucht, im Mai geht es auf die Azoren. Dort war ich schon oft, aber nie mit dem Schiff. Ich werde berichten, möglichst ohne kriminelle oder andere unliebsame Einflüsse. Frei nach Steppi: „Fliesche geht weider“. Wer die hessische Mundart nicht versteht, hier die Übersetzung in das Hochdeutsche: „Es wird für mich weiterhin möglich sein, auch in der Zukunft zu weit entfernten Zielen außerhalb der Heimat reisen zu können“. Den Glauben dazu habe ich. Mehr kann ich derzeit nicht tun.

Zinni Online

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