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Groß Neuendorf, Chorin und Uckermark |
Nach einem entspannten Morgen an Bord hatten wir am Mittag einen Stopp in Groß Neuendorf, ein Ortsteil der Gemeinde Letschin im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg. Man konnte an Bord auf dem Weg nach Oderberg bleiben, oder einen Ausflug „Uckermark und Kloster Chorin“ buchen. Die Oder hatte ich mittlerweile genug gesehen, und das Kloster Chorin hörte sich interessant an, zumal die Fahrtzeit nicht so lange wie am Vortag war. Vorher war aber noch genug Zeit, den Ort mit seinen 500 Einwohnern anzuschauen, in seiner Glanzzeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er 2 000.
Auffallend war das schicke Hotel Maschinenhaus direkt am Hafen. Urlaub dort möchte ich eher nicht machen, aber die Architektur war sehenswert. Einer der Waggons beherbergt ein kleines Theater:
Das Hotel Maschinenhaus in Groß Neuendorf
Das weckte kindliche Gefühle in mir:
Ein Kindskopf in Groß Neuendorf
Ich empfand das ländliche Ortsbild sehr interessant, mit Landfrauencafé, alten Gaststätten, Trabis, Busfahrpläne mit zwei täglichen Abfahrten und Traktoren als meist gesehenes Fortbewegungsmittel:
Die Gaststätte am Hafengelände in Groß Neuendorf
Go Trabi Go in Groß Neuendorf
Schade, dass der Laden von Anna Menzel geschlossen war. Ich stehe auf Drogen, und per Handy war sie mit der Telefonnummer 62 leider nicht erreichbar:
Anna Menzel verkauft Drogen in Groß Neuendorf
So wohnt man in Groß Neuendorf
Die Oder in Groß Neuendorf
Das hatte mir klasse gefallen, ein Ort, wie ich ihn so in Deutschland noch nie gesehen hatte. Nun war Zeit, zurück zum Schiff und zu dem Ausflug zu gehen. Naiv wie ich war, ohne mich groß vorbereitet zu haben, dachte ich, dass das Kloster bewohnt ist, bis zur Frage einer Mitreisenden, ob ich mit zu der Ruine fahren wurde. Normal informiere ich mich besser über das, wo ich hinkomme, hier hatte ich kläglich versagt. Nach einer nicht allzu langen Fahrt erreichten wir das Kloster Chorin, eine ehemalige Zisterzienserabtei. Das Wetter war großzügig ausgedrückt mies, gespannt hörten wir trotzdem der Erläuterungen des Reiseleiters zu:
Das Kloster Chorin
Trotz des Dauerregens fand ich das Gebäude äußerst interessant. Ich entfernte mich, wie immer, von der Gruppe und schaute mir in Ruhe allein die einzelnen Räume an. Es wird von einer mir unbekannten Person „Das bedeutendste und edelste Werk der Frühgotik im Gebiet des norddeutschen Ziegelbaus“ ernannt, ohne beurteilen zu können, ob das wirklich stimmt. Bei „Die bedeutende und edle Weine der Spätlese im Gebiet des Rheingaus“ könnte ich eher was dazu beitragen. Wer den Märchenfilm „Die Prinzessin auf der Erbse“ kennt, kommt die Lokation vielleicht bekannt vor. Das Kloster war der Drehort des Films.
Das Kloster Chorin
Das Kloster Chorin
Das Kloster Chorin
Das Kloster Chorin
Das Kloster Chorin
Das Kloster Chorin
Schade für das schlechte Wetter, trotzdem lohnte sich der Besuch. Die Weiterfahrt ging zu der Stadt Angermünde, im Landkreis Uckermark im Land Brandenburg, und immerhin ein „Staatlich anerkannter Erholungsort“. Da es weiterhin regnete, schätze ich, dass geschätzt 97,2 % der Gäste lieber zurück zum Schiff gefahren wären, wir hatten aber einen längeren geplanten Aufenthalt dort. Laut der Reiseleitung gibt es nur eine Möglichkeit zum Einkehren, ein Café. Ich ignorierte den Hinweis, und schaute mir in paar Minuten erst einmal die Stadt an:
Das Rathaus von Angermünde / Uckermark
Wer meint, dass das Bild mit einem kompletten Gebäude ohne einen abgeschnittenen Turm besser aussieht hat, hat recht.
Durch den Regen gab es keine Qualitäts-Kontrolle vor mir und nur lieblos gemachte Bilder,
denn ich zog die örtliche Gastronomie vor. Auch die Touristeninformation hatte mir den vorgeschlagenen Treff
meiner Mitreisenden empfohlen, damit gab ich mich aber nicht zufrieden. Nach kurzer Suche fand ich
den Schweizer Hof (mit der Schweiz hatte ich es im Urlaub). Das war Nostalgie pur, ein gemütlich altes Lokal mit
bewegter Vergangenheit, was die angeschlagene Chronik aussagte. Das Motto der Kneipe ist laut Internet „Ich gehe mit meiner Laterne,
und meine Laterne mit mir. Da vorne ist'ne Taverne, da tausch ich das Ding gegen Bier“.
Da ich leider zufällig keine Laterne dabei gehabt hatte, bezahlte ich mit Ost-Mark Euro, es gibt schlimmeres.
Ich fand die Gaststätte klasse, und war froh, nicht auf den Reiseleiter und die Touristeninformation gehört zu haben.
Der Schweizer Hof in Uckermark
Am Abend mussten wir durch das Schiffshebewerk in Niederfinow, was etwas chaotisch wurde. Fast zur gleichen Zeit wurde ein Gala-Diner angekündigt, die Schiffsleitung gab sich die größte Mühe, das zu koordinieren. Es gelang nicht ganz, aber für die Begleitumstände mit dem schlechten Wetter war auch Petrus daran schuld. Von der Ferne waren beide Werke früh zu sehen:
Das alte Schiffshebewerk in Niederfinow
Das neue Schiffshebewerk in Niederfinow
Wer wissen möchte, warum das neue Werk noch nicht im Betrieb ist, empfehle ich eine einschlägige Suche im Internet (Stichwörter Pleiten, Pech, Pannen), angeblich wurde es „Technisch aufwendiger gestaltet als erwartet“. Bei der Erklärung an Bord bat die Reiseleitung „Alle Deutsche jetzt weghören“, wenn ich das mit meinen minimalen Schwyzerdütsch-Kenntnissen richtig verstanden hatte. Im Jahr 2008 wurde der Bauauftrag vergeben. Der Airport Berlin, der Bahnhof Stuttgart und die Hamburger Elb-Harmonie lassen grüßen.
So benutzten wir noch das alte Werk, und das war spannend. Das hatte etwas, ohne es groß beschreiben zu können. Mit einem Kreuzfahrtschiff in einem Fahrstuhl zu fahren, hatte ich bislang noch nicht erlebt. Aus allen Ecken spritze Wasser (und zum Glück kein Öl), nass wurde alle, die sich das angeschaut hatten. Das machte nichts, an Bord war es nicht kalt und trocknen tat es von allein. Das Erlebnis war klasse, und die positive Überraschung der Reise:
Das Schiffshebewerk in Niederfinow
Das Schiffshebewerk in Niederfinow
Das Schiffshebewerk in Niederfinow
Zinni in nass
Zu nächtlicher Stunde in Eberswalde angekommen mit seiner fiesen Vergangenheit (eine Jagd auf Afrikaner, ohne dass die leider straflos gebliebene Polizei eingeschritten war) hatte niemand mehr Lust herauszugehen, auch ich nicht. Einen Ort, an dem heute noch Neonazis ungestört shoppen gehen können, möchte ich nicht besuchen.
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