Das Restaurant Waldorf auf der MS Astor
Nachdem ich eine Kreuzfahrt auf der MS Astor durch die Fjordlandschaft von Norwegen gebucht hatte wollte ich natürlich im Vorfeld auch wissen was mich dort kulinarisch erwartete. Leider konnte ich außer groben Angaben (a la 'das Essen war Klasse') keine Berichte finden, so dass ich hier meine Erfahrungen beschreibe. Vielleicht ist es für den einen oder anderen von Interesse.
Kurz das kulinarische Programm auf der MS Astor bevor ich auf das Hauptrestaurant eingehe:
Der Übersee Club:
Ein Selbstbedienungsrestaurant mit ähnlichem Angebot wie im Hauptrestaurant. Manchmal war es sehr gut besucht
(vor allem mittags), von mir allerdings nicht.
Ristorante Toscana:
Ein festes italienisches Menü für die ganze Tour. Es konnte ohne Aufpreis gebucht werden, von mir nicht genutzt.
Romantic Dinner:
Ein Candle-Light-Dinner mit einem festen Menü für die ganze Tour und konnte ohne Aufpreis gebucht werden. Kein Besuch von mir.
Hanse-Bar:
Erdnüsse und Chips :-), von mir oft genutzt (wegen der Getränke...). Allerdings musste man schwer aufpassen
von der nicht immer aufmerksamen und von internen Personalproblemen abgelenkten Crew kein abgestandenes
Bier zu bekommen. Hier wurde teilweise auch der Mitternachtssnack serviert, einmal hatte ich es probiert
und eine gute Kartoffelsuppe bekommen.
Hauptrestaurant Waldorf:
Die Mahlzeiten wurden mittags in einer Sitzung mit freier Platzwahl und abends mit einem reservierten
Sitzplatz in zwei Sitzungen durchgeführt. Wir wählten die erste Sitzung, bei der nie eine gewisse Ruhe
einkehrte. Wenn innerhalb von zehn Minuten 250 hungrige Passagiere den Raum stürmen hatte ich
dies auch nicht groß erwartet, obwohl sich zumindest bei uns das Personal große Mühe gegeben hatte
(vielen Dank an Veronika!). Die Bedienung war gemixt zwischen deutschem und osteuropäischem Personal,
bei uns im abendlichen Bereich war alles prima. Beim Frühstück oder Mittagessen konnten wir am eigenen Leib
erfahren dass dies nicht überall im Restaurant war, z.B. verlief eine simple Senfbestellung zu
Nürnberger Würstchen wie ein Possenspiel in mehreren Akten ohne Happyend.
Mir war im Vorfeld schon klar das auf Grund der schwierigen Einkaufs- und Arbeitsbedingungen kein
perfektes Küchenangebot und Leistung zu erwarten war. Meine Erwartungshaltung war nicht allzu hoch.
Bekommen hatten wir dann z.B. am 'Kapitäns Willkommen Gala Abendessen':
Vorspeisen:
Graved Lachs im Crème Fraiche Crepe Mantel mit Dill-Honigsauce
oder
Kalbslebermousse aromatisiert mit feinem Cognac zu frischem Brioche an Orangen-Pfeffer Sauce
oder
Gemischter Gartensalat in Kräutervinaigrette mit Artischocken
Suppen:
Gebundene Ochsenschwanzsuppe mit Blätterteigkissen
oder
Klare Gemüsebrühe mit Portwein und Putenklösschen
Intermezzo:
Italienische Tortellini Fromagio i Spinachi mit Tomatenkompott
Hauptgangauswahl:
Frisch vom Hamburger Fischmarkt
Frisches Heilbutt Filet aus der Pfanne an Birnen-Senfsauce
Fenchel-Paprika Gemüse und Trüffelreis
oder
Tranchen von der argentinischen Maredo Rinderhochrippe an Estragonbutterschaum
Kartoffel Gratin und sommerliches Gartengemüse
oder
Kaninchen und Glasnudeln im Reisblatt gebacken
auf gebratenen Kaiserschotten an gelber Pfeffersauce
oder
Carnaroli Kürbis Risotto mit sommerfrischen marinierten Rucola
Dessert:
Orangen-Semi Fredo mit Löffelbiskuit
oder
Schokoladen Croustillant mit Himbeersauce
oder
Frischer Obstsalat
Internationale Käsesorten mit Beigaben
(ein Amuse-Gueule wurde an keinem Tag gereicht)
Ich war erst einmal überrascht über die schöne Auswahl, die kulinarische Vorfreude auf die nächsten Tage war
geweckt. Der Lachs sah appetitlich und frisch aus, die Marinade hatte ein würziges Aroma und
von der Menge der ganzen Portion her gerade richtig für mehrere Gänge. Die kalten Vorspeisen blieben
die ganze Reise auf diesem Niveau und waren gute Einstiege für das Abendessen.
Bei der Ochsenschwanzsuppe allerdings waren mehrere Löffel Wein, Pfeffer und Salz nötig um irgendeinen
Geschmack zu bekommen. Zum Glück war dies auf der Reise aber die Ausnahme, sämtliche andere Suppen
waren intensiv vom Geschmack. Sie waren immer heiß und fast immer abwechslungsreich (die Tomatensuppen waren
etwas inflationär...).
Bei den warmen Vorspeisen gab es leider keine Auswahl, so dass bei einer nicht Verträglichkeit einer
Speise Enthaltung geboten war. Das war aber auch auf der anderen Seite vielleicht ganz gut für die Linie...
Problem war eher, das bei der Bestellung nicht erkennbar war wie groß die Portion war. Manchmal war es sehr
übersichtlich, an anderen Tagen fast so viel wie eine Hauptspeise, so dass man bis zu dieser bereits satt war.
Etwas ausgewogener hätte die Portionierung schon sein können.
Die Hauptgänge waren recht unterschiedlich. Das Kaninchen an diesem Abend war bereits der Höhepunkt
der Reise, kross gebacken, zartes Fleisch und gut gewürzt. Ich denke mehr kann man bei einer Großküche nicht
erwarten. Dieses Niveau konnte leider nicht bei allen Hauptgängen gehalten werden, eine rosa Hirschkeule
z.B. war nicht mehr rosa und zäh hoch drei. Im Großen und Ganzen war es zufriedenstellend bis auf
die generelle Liebe der Küche zu Blumenkohl/Romanesco. Zweimal am selben Abend und die nächsten zwei
Abende dann wieder ist doch etwas zu viel des Guten.
Die Desserts waren ordentlich, jedoch nicht gerade originell, etwas pfiffiger hätte ich diese erwartet.
Zum Mittagessen gab es die umwerfende Eis-Auswahl von Vanille, Schokolade und Pistazie.... Vielleicht war dies auf die Gäste
abgestimmt und vom Rest der Passagiere so banal gewünscht.
Das Mittagsessen war von der Speisenfolge her ähnlich wie das Abendessen nur ohne die warme Vorspeise und etwas deftiger.
Dazu gab es noch ein Gericht 'was die Crew gerne isst', z.B. herzhafter Sauerbraten
oder pikanter Gulasch, was gut angenommen wurde. Ironie dabei das die Crew dieses Gericht trotz
der Ankündigung leider nicht bekommen hatte und was ganz anderes essen musste.
Die große Weinkarte konnte alle Ansprüche erfüllen, leider gab es für die restlichen Getränke im Restaurant
unerklärbar keine Getränkekarte. Eine unliebsame Überraschung wegen der Preise war nicht zu erwarten,
die Spirituosen z.B. waren spottbillig. Ok, leider nicht gerade die Topqualität, aber wo bekommt man
sonst z.B. Osborne Veterano 4cl ! für € 2,80?.
Trotz kleiner Schwächen hatten wir uns auf jedes Essen gefreut und unsere Erwartungshaltung wurde mehr als erfüllt.
Bei meinen fünf Kreuzfahrten bislang war die MS Astor nun klar die Nummer eins von der kulinarischen Seite her,
wobei dies auch nicht ganz schwer war. Die anderen von mir besuchten Schiffe hatten nicht diesen hohen
Qualitätsanspruch. Als Gault Millau Tester würde ich eine gute Note zwölf geben.
Mahlzeit und Ahoi
Gruß Gerald